American Sniper – Filmkritik

Review of: American Sniper

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2
On 23. Februar 2015
Last modified:29. Juni 2015

Summary:

Kurzum ist „American Sniper“ ein langatmiger 08/15-Kriegsfilm ohne jegliche Authentizität. Am Ende war man also nicht nur kollektiv erleichtert, als endlich der Filmabspann über die Leinwand flimmerte, sondern auch, dass es letztendlich bei nur einem Oscar geblieben ist.

Der Stempel am Handgelenk verblasst schon allmählich, die Augenlider werden schwer und mein Hintern schmerzt. Aber ich bin nicht alleine damit. Rund 700 andere Filmenthusiasten sitzen mit mir auch heuer wieder im Wiener Gartenbaukino und drücken filmischen Schmankerln wie „The Grand Budapest Hotel“, „Boyhood“ oder „Birdman“ fest die Daumen. Als dann „American Sniper“ mit einem Oscar für Sound Editing ausgezeichnet wird, geht ein Raunen der Enttäuschung durch den Saal. Und ich seufze mit.

Es sind Entscheidungen, die US-Navy-SEAL Chris Kyle (Bradley Cooper) in Bruchteilen von Sekunden treffen muss. Entschlüsse, die über Leben und Tod entscheiden. Im Irak stationiert dient er als herausragender Scharfschütze seinem Vaterland und wird bald von seinen Kameraden als Held gefeiert. Doch das im Krieg Erlebte hinterlässt tiefe Narben: So sehr er sich auch bemüht, seiner Ehefrau Taya (Sienna Miller) und seinen beiden Kindern ein guter Ehemann und Vater zu sein, die Rückkehr in ein normales Alltagsleben erweist sich alles andere als einfach.

Prominent besetzt und unter der Regie von Clint Eastwood wurde „American Sniper“ von der Academy heuer für insgesamt sechs Oscars nominiert, unter anderem auch in bedeutsamen Kategorien wie „Bester Film“ und „Bester Hauptdarsteller“. Wieder einmal wird einem dabei auch bewusst, wie stark dieser Filmpreis vom amerikanischen Moralitätsbild und Wertempfinden geprägt ist. Hurra-patriotisch, klischeebeladen und extrem einseitig wird 132 Minuten lang von den „Heldentaten“ eines Mannes erzählt, an dessen Händen das Blut von über einhundert Menschen klebt. Eines Mannes, der sich von seiner Frau lieber einen Sohn als eine Tochter wünscht und der Befehle einfach ausführt, ohne sie allzu intensiv zu hinterfragen. Die Bösen, na klar, das sind die anderen. Also eigentlich alle, außer den USA.

Abgesehen vom Tonschnitt und den schönen Augen von Bradley Cooper kann man dem Film nicht wirklich Positives abgewinnen. Durchschnittliche schauspielerische Leistungen, banale, ja fast schon lächerlich künstliche Dialoge, explizite Brutalität und – kontrastierend dazu – völlig verschleierte Sexualität. Eine Säuglingspuppe, die wegen ihrer unnatürlichen Bewegungen offensichtlich als solche zu erkennen ist, führt sogar zu schallendem Gelächter im Kinosaal.

Kurzum ist „American Sniper“ ein langatmiger 08/15-Kriegsfilm ohne jegliche Authentizität. Am Ende war man also nicht nur kollektiv erleichtert, als endlich der Filmabspann über die Leinwand flimmerte, sondern auch, dass es letztendlich bei nur einem Oscar geblieben ist.

Bewertung:
2 von 5 Filmrollen