Nachdem ich mir letztes Jahr „To Rome with Love“ und das Jahr davor „Midnight in Paris“ angesehen hatte, schrieb ich scherzhaft einer Freundin, dass Woody Allens nächster Film wohl „A Walz in Vienna“ heißen wird, in der Hauptrolle Christoph Waltz. Seine bittersüße, filmische Tour d´Europe dürfte er aber abgeschlossen haben, denn sein aktueller Film „Blue Jasmine“ spielt wieder in den Staaten. Und bittersüß ist dieser Film sicher nicht. Jedoch: es gibt kleine Verweise auf Wien und aufs Walzertanzen. Also fast richtig getippt.
Jasmine (Cate Blanchett), die eigentlich Jeanette heißt, war das Luxusweibchen eines New Yorker Börsenspekulanten (Alec Baldwin): keine Ausbildung, kein Job, nichts zu tun, außer im Luxus zu schwelgen und Partys zu organisieren. Dass ihr Göttergatte mehrfach fremde Betten wärmt, blendet sie aus. Auch dass er sie zahlreiche geschäftliche Dokumente ungelesen unterschreiben lässt, hinterfragt sie nicht. Als er schließlich aufgrund seiner illegalen Geschäfte verhaftet wird, erleidet Jasmine einen Nervenzusammenbruch. Das Luxusleben ist vorbei, sie ist hoch verschuldet und abhängig von Medikamenten. Ihre Adoptivschwester Ginger (Sally Hawkins) gewährt ihr Unterschlupf in ihrer kleinen Wohnung in San Francisco. Für Jasmine ein gesellschaftlicher Abstieg, den sie nur schwer ertragen kann. Sie will irgendwas studieren, Innenausstattung oder so. Aber vom Umgang mit Computern hat sie keine Ahnung. Und Geld sollte sie auch verdienen, also nimmt sie einen Job als Empfangsdame bei einem Zahnarzt an. Als sie bei einer Party einen reichen, attraktiven Witwer kennenlernt, schöpft Jasmine Hoffnung auf eine Rückkehr zu ihrem alten Leben.
Der Film beginnt mit Jasmines Ankunft bei ihrer Schwester. In Rückblenden wird die Zeit in New York, vor der Verhaftung ihres Ehemanns, erzählt. Nach und nach fügt sich das Bild einer Persönlichkeit zusammen, das einen mit gemischten Gefühlen zurücklässt. Zu Beginn hab ich mir gewünscht, dass es Jasmine gelingt ein neues Leben anzufangen, selbständig zu werden. Doch Woody Allen zeigt mit Jasmine eine Antiheldin, die im Laufe des Films immer unsympathischer wird. Seine Kritik an der aufgeblasenen High Society ist im Grunde nicht Neues, doch was den Film sehenswert macht, ist die Darstellung von Cate Blanchett. Ob es die Rolle ihres Lebens ist, wie andere Kritiker schreiben, möchte ich nicht verkünden. Zum einen, weil ich nicht alle ihrer Filme kenne, zum anderen, weil ihre Karriere noch nicht vorbei ist. Doch „Blue Jasmine“ wäre ohne Blanchett kein besonders guter Film. Ich mag Geschichten, die Graustufen zeigen und nicht alles in Schwarz und Weiß halten. Doch leider ist die Story eher langatmig – die Tatsache, dass ich während der Vorstellung auf meine Uhr sah, spricht Bände. Der Film hat in jedem Fall mehr Gehalt, als seine Vorgänger. Keine romantische Kitschorgie, die an der Oberfläche schwimmt. Allerdings muss ich zugeben: Ich liebe „Midnight in Paris“. Doch wenn ich einen Woody abseits Kitsch möchte, greife ich weiterhin lieber zum „Stadtneurotiker“ als zu „Blue Jasmine“.
Bewertung: