Carol, Fargo und ein 11€ Seidel – 2 Tage Rome Film Festival

Prolog

Unverhofft kommt oft.
Ich sitze in der Schnellbahn und freue mich, meine Freundin nach ihren zwei Wochen Amerikaaufenthalt wieder in den Armen halten zu können. Da vibriert mein Handy und ich seh’, dass mir mein Lieblingskooperationspartner eine Nachricht geschrieben hat.
„Willst du Mitte Oktober nach Rom zum dortigen Film Festival? Wir können zu dem Zeitpunkt nicht.“
Wer hat nun den Jetlag? Meine Freundin, oder ich?
Mazda hat filmisch.at auf eine zweitägige Reise zu einer Weltpremiere geladen. Inklusive Flug, Aufenthalt, Galadinner, Transfers in Mazdas und einem Screening der zwei neuen Folgen der Erfolgsserie „Fargo“.
Normalerweise muss man da nicht lange überlegen. Aber Abflugtermin ist der 21. Oktober.
Und der 21. Oktober 2015 ist für den Filmfan einer der wichtigsten Tage seines Nerd-Daseins. Auf einer Stufe mit dem Judgement Day. Es handelt sich um Marty McFlys Ankunftstermin in der Zukunft.
Once in a Lifetime…
Aber als Journalist nach Rom fahren… zu einer Weltpremiere…

Kaum entschieden, sitze ich schon im Flugzeug. Das erste Mal in meinem Leben in der ersten Klasse. Mein zweites Bier aus dem kleinsten Krügel der Welt in der Hand, diskutiere ich mit Daniel, meinem +1, über die Möglichkeiten heutzutage im Stil von Hunter S. Thompson über solch eine Reise zu schreiben. Der hat sich unter anderem in seinem Hotelzimmer zurückgezogen und über den Superbowl im Jahr 1972 aus rein subjektiver Sicht berichtet. Weder hat er das Spiel gesehen, noch mit Sportlern und Kollegen darüber gesprochen.
Wir überlegen einen der Mazdas zu nehmen und ans Meer zu fahren. Daniel schlägt vor, im Bericht einen Babyelefanten aus dem Cockpit durch den Gang laufen zu lassen. Die Vorstellung, dass das die Veranstalter im Nachhinein lesen holt mich zurück in die Realität. Ich bin im Namen von filmisch.at unterwegs. Exzesse würden wohl auf sie zurückfallen, weitere Kooperationen mit der asiatischen Automarke zunichtemachen und meine Karriere als Filmjournalist im Keim ersticken.

Seidel

Also werden wir uns professionell, neugierig und respektvoll verhalten.

Kurz noch mit Iris, unserer Begleiterin von Mazda über ihren Lieblingsregisseur Wes Anderson reden. Die beiden Facebook Gewinnerinnen, Marlene und Martina, in ein Gespräch über Babyelefanten verwickeln und bei der Flugbegleiterin noch zwei Bier bestellen.

Unsere Unterhaltung eskaliert. Daniel, mein +1, meint, dass ihm beim Landeanflug immer die Ohren zufallen und er sich fragt, ob der Babyelefant einen Druckausgleich machen könnte. Die Stewardess serviert uns das Bier und meint, dass sich der Rüssel wohl zu sehr dehnen würde und sich dadurch kein Überdruck aufbauen ließe. Der Fluggast vor uns mischt sich ins Gespräch. Er behauptet Veterinär zu sein und meint, dass der Gehörgang von Elefanten und die Daumen dicke Eustachische Röhre den Dickhäutern ein Zufallen der Ohren grundsätzlich unmöglich machen würde. Iris tippt im Hintergrund hektisch einen Werbefilmpitch über einen Babyelefanten im neuen Mazda Cabrio in ihr Tablett, als wir sanft auf der Rollbahn aufsetzen.
Die Anreise nach Rom ist wie im Flug vergangen. Stolz auf dieses Wortspiel packe ich mein Notizheft weg, bemerke, dass ich noch nichts über Rom, oder einen Film geschrieben habe und warte, dass das Anschnallsignal erlischt.
Neben dem tollen Essen und der Beinfreiheit, ist die Nähe zum Ausgang der größte Vorteil der Business Class. Als erster aus dem Flugzeug steigend, reiße ich beide Arme zum Gruß in die Höhe. Kein Empfangskomitee. Einen Moment später drängt mich Daniel und der Rest der Passagiere aus meinen Phantasien die Gangway runter.

Waldorf Astoria – Roter Teppich – Fargo

Zwei Limousinen der sponsernden Automarke empfangen uns vor dem Flughafen.
Während der Fahrt zum 5-Stern-Hotel sehe ich Rom langsam an uns vorbeiziehen. Mehr werden wir von der ewigen Stadt nicht sehen. Termine, Termine…
Schnell eingecheckt, eine Kleinigkeit an der Hotelbar konsumiert, dazu später mehr, und mein Zimmer am Imperial Floor bezogen, freue ich mich auf die kommenden Erlebnisse.
Nach einer schnellen Dusche steige ich in meinen besten/einzigen Anzug und hab’ Angst overdressed im Foyer zu erscheinen. Im Aufzug zerschlagen sich meine Sorgen. Zwei Damen in wallenden Abendkleidern nicken mir freundlich zu und mein Anzug fühlt sich im Gegensatz zu deren Aufmachung wie ein Onesie an.

mx5

Wir werden zu einem Cocktailempfang chauffiert. Dort angekommen bewundern wir die Sakebar, die perfekt gestylten Manager und ein neues Mazda Cabrio. Angeblich zum kleinsten Kino der Welt umgebaut. Die Windschutzscheibe ist matt und wird von außen bespielt. Fassungsvermögen? Zwei Personen.

Die Augen der Gäste wandern aber plötzlich quer durch den Raum. Zwei leicht bekleidete Damen betreten den Showroom und werden umgehend von Verantwortlichen und Unverantwortlichen umschwärmt. Wir hören später, dass sie nicht auf der Gästeliste standen und wahrscheinlich die Gelegenheit nutzten Kontakte zu knüpfen und in der Presse abgelichtet zu werden. So wie die Damen am Strand des Cannes Filmfestival. Karriereschub durch Networking.

Was Cannes kann, kann Rom schon lang.

Dann wird es hektisch. Wir trinken unsere Cocktails aus und werden zum roten Teppich geführt. Kamerakräne schwingen in unsere Richtung, Fotografen lichten uns ab.

red-carpet

Wir geben uns weltmännisch und ich stell’ mir vor, wie sie im Nachhinein fieberhaft nach Namen zu den Fotos suchen und keine finden. Wir haben unsere acht Sekunden Ruhm und warten dann wie alle anderen vor dem Kinosaal auf den Einlass.

Schließlich sitzen wir vor der riesigen Leinwand. Ein Präsentator erscheint und beginnt über die Netflix Serie „Fargo“ zu reden. Irgendwas über Coens, Kubrick und Split-Screen. Mehr versteh‘ ich nicht, da er in einem unglaublichen Tempo auf Italienisch referiert.
Ich hab die erste Folge der zweiten Staffel nur wenige Tage zuvor gesehen. Ich war begeistert.
Das Fehlen von Sarkasmus in den Figuren in Verbindung mit deren Träumen und Hoffnungen. Vergraben in kompletter Entschleunigung. Die eine will nach Hollywood, der andere einen Fleischereibetrieb übernehmen und der von Kieran Culkin meisterhaft dargestellte Charakter sucht einfach nur Anerkennung. Aber jegliche Ambition wird sofort abgetötet. Und das meist gepaart mit extremer Gewalt. Nach kurzer Eskalation kehrt schnell wieder der alte Trott zurück ins Leben. Nur dass nun der weiße Elefant im Raum steht. Das Erlebte kann nicht vergessen werden und der zuvor verteufelte Alltag hat nun den Platz als größtes Ziel übernommen. Der ganz normale Wahnsinn wird nun zum Wahnsinn des Normalen.
Was bleibt ist der Elefant. Wie bekommt man den wieder aus seinem Leben? Die gezeigten Figuren versuchen mit aller Kraft ihn zu eliminieren und der daraus folgende Kollateralschaden reißt die Mitmenschen mit in den Abgrund unserer Ambitionen.
Und dass alles auf einer 300m2 großen Leinwand.

Eindrucksvoll wird mir wieder einmal bewusst, in welcher Form man Qualitätsprodukte konsumieren sollte. Und die Serie „Fargo“ hat die Qualität auf großer Leinwand mit Kinosound gesehen zu werden. Erst mit hunderten anderen Zusehern, dem perfekten Bild und dem mitreißenden Ton wird mir klar wie gut die Kamera, das Schauspiel, der Schnitt und der Soundtack der neuen Staffel gelungen sind.
Da kommt etwas Großes auf uns zu. Patrick Wilson, Kirsten Dunst und die bis in die kleinsten Nebenrollen perfekt gecastete Charaktere, die auch nach wiederholtem Sehen nicht langweilig werden, beleben einen Themenpark der Depression. Und wir besuchen eine Welt, die bevölkert wird von Wesen wie von einem anderen Stern. Die anscheinend unerkannt unter uns leben. Oder handelt es sich doch nur um einen entschleunigten Blick in einen Spiegel unseres Daseins? Mord oder Notwehr? Sex oder Abendessen? UFO oder Geburtstagsballon?
Das Abschlusslied des ersten Teils verstärkt noch einmal das Setting und das Thema.
„Go to Sleep you Little Baby“. Besser schlafen gehen, als von seinen eigenen Träumen zerquetscht zu werden.

After Show Party – Spiderman – Wein

Iris begrüßt uns nach dem Screening im Foyer und wir folgen dem Mazda Tross zu dem Transfer Bus, der uns zum Galadinner führen soll. Laut unserem engen Terminplan findet das um 21:40 Uhr statt. Ein kurzer Blick auf unsere Handyuhren zeigt, dass wir fast eine Stunde zu spät dort ankommen werden. Iris weißt uns darauf hin, dass die Uhren in Italien anders gehen und wir uns an die römische Zeitwahrnehmung gewöhnen müssen. Wir nehmen uns die Bewohner aus „Fargo“ zum Beispiel und sickern langsam in den Bus.
Nach kurzer Fahrt stehen wir wieder in einer Schlange von gut gekleideten Menschen. Diesmal werden wir aber dank unserer MazdaPurePassion Ausweise an all den Hardbodies und Italian Psychos vorbei in das Foyer gewunken und fahren mit dem Lift in die Bar unter dem Dach.
Eine Liveband spielt feinen Jazz, auf der Bar liegen „The Taste“-Löffel, unterkühlte Unterhaltungen liegen in der Luft. Wir bestellen Wein und stehen herum.
Die moderne Architektur, Epoche Spiderman, angestrahlt von Akku-LEDs lässt ein James Bond Feeling entstehen.

rooftop

Süße Delikatessen stehen neben der Terrassentür und einem Atem beraubenden Blick auf das nächtliche Rom. Der Rotwein gehört zum Besten das ich je in meinem Mund hatte…
So könnte man darüber schreiben und man würde nicht lügen. Aber gleichzeitig fühlt sich gerade alles zu perfekt, zu glatt, zu gut an.
Was nun? Ein perfektes Dinner? Perfekte Kellner? Perfekte Fusionsküche?
Als würden wir fünf alle das Selbe denken, entsteht die Idee zu flüchten und in ein nah gelegenes Lokal zu gehen, um echte römische Küche zu genießen.
Ein Achterl vom himmlischen Roten noch, während Iris innerhalb von fünf Minuten ein Restaurant ausfindig macht, jemanden aufstellt, der uns dort hinbringt und einen Transfer für nachher checkt. Mir wird bewusst, warum sie diesen Job hat. Mit diesem Talent wäre sie auch in der Produktion von großen Filmen perfekt aufgehoben.
Wir verlassen die hippe Location, vorbei an der noch länger gewordenen Schlange aus perfekt rasierten Menschen in perfekten Anzügen und noch perfekteren Abendkleidern.

„Hast du ‚Swingers’ gesehen?“, frage ich Daniel, mein +1.
„Nein.“
„Da gehen sie von einer fetten Party zur nächsten und sagen jedes Mal ‚This party is lame. Let’s go.’“

Und ich time die letzten Sätze so, dass sie gerade noch den Weg in die Ohren eines perfekt getrimmten Italieners mit seinem Supermodel Girlfriend finden.
Wir werden von einer Einheimischen zu dem Restaurant geführt und sehen dort mit großen Augen in die Speisekarte. Himmlische Speisen, tolle Weine und umwerfende Nachspeisen lächeln uns entgegen.
Wie soll ich all das dem Schicksal jemals zurückgeben? Wenn ich mir nach meiner Rückkehr für ein paar Monate einen Mazda lease, erreiche ich dann wieder meine innere moralische Balance? Gleichzeitig denke ich daran, dass gerade viel fähigere Menschen, noch extremer hofiert werden. Was könnten wir mit all dem Geld bewegen?
Mittags aß ich ein Prosciutto Sandwich bei der Bar im Hotel Foyer. Und trank ein Seidel Bier. Ein Seidel für 11€. Ein Sandwich für 19€…
Es war ein wirklich gutes Sandwich. Und das Bier kam aus Tschechien. Und ich werde noch meinen Enkerln vom teuersten Bier meines Lebens erzählen. 5-Sterne, nur um dort zu übernachten. Lammkeulen, um dem Galadinner zu entkommen. Und mit Freunden reden wir privat über Nachhaltigkeit, Bio und Verantwortung.
Nun liege ich im Hotelzimmer, im Imperial Floor, in den man nur mit spezieller Zimmerkarte gelangt und schreibe in mein Notizbuch. Rom hab’ ich bisher nur aus dem Autofenster gesehen. Die Cocktails und CEOs und PR- und Communications People haben alle solide ihren Job gemacht, ihr Produkt präsentiert und alle Gäste perfekt hofiert.
Aber ohne dem Einsatz von Iris, Daniel, meinem +1, und den beiden Facebook Gewinnerinnen, Marlene und Martina, verkäme vieles hier zu einer Seifenblase.
Wahrscheinlich darf ich das alles hier gar nicht so schreiben. Aber hey, mir wurde im Vorbereitungsgespräch gesagt, das ich aufschreiben soll was ich denke. Je persönlicher, desto besser. Und ich habe einen riesen Spaß um halb drei in der Früh meine Gedanken aufs Papier zu bringen.
Ich flieg’ nach Rom. Trink ein Seidel für 11€ und esse eines meiner besten Abendessen. Dazwischen darf ich Filme und Serien schauen und all das sogar für die Nachwelt festhalten. Sollen doch andere entscheiden, was am Ende veröffentlich wird und was nicht.
Mein nächstes Ziel heißt um 7 Uhr aufstehen, um das Frühstücksbuffet zu begutachten. Ich bezweifle, dass ich auch nur einen Bissen nach so einer Nacht runterbringe.
Wäre Hunter S. Thompson stolz auch mich?
Wahrscheinlich würde er gerade mit den Veranstaltern im Trevi Brunnen Längen schwimmen und sich keine Gedanken über die Veröffentlichung machen. Ich hab‘ noch viel zu lernen. Aber jetzt heißt‘s erstmal Energie danken. In meinem Kingsize Bed mit sechs Pölstern. Eine Weltpremiere wartet auf uns. Und die will journalistisch adäquat wahrgenommen und verarbeitet werden. Gute Nacht.

Frühstücksbuffet – Carol – Heimflug

Ich bin kein Frühstücksmensch.

Der „kleine“ Raum des Frühstücksbuffets
Der „kleine“ Raum des Frühstücksbuffets

Aber ein Buffet, das zwei Räume füllt und neben Prosciutto und Salami, dutzenden Honigsorten und Müslis auch fünf verschiedene Torten, Japanisch zubereiteten Butterfisch, Croissants mit allen denkbaren Füllungen, Früchte,… alles denkbare und undenkbare bietet, verleitet mich dann doch meinen unruhigen Magen mit Köstlichkeiten zu füllen.

Daniel stößt dazu und in seinen müden Augen sehe ich meine Begeisterung. Hätten wir nur nicht so viel getrunken. Dann könnten wir jetzt so richtig reinhauen.
Nach dem Check-Out fahren wir zur Mazda Cinema Hall. Eine extra aus dem Boden gestampfte Veranstaltungshalle. Ein Kinosaal für bis zu 1000 Menschen.

Kein Kinosaal mehr frei beim Rome Filmfestival? Kein Problem. Wir bauen ihn einfach.
Kein Kinosaal mehr frei beim Rome Film Festival? Kein Problem. Wir bauen ihn einfach.

Die riesige Leinwand lässt die Projektion des Films in die Knie gehen. Die Auflösung kämpft mit den Dimensionen. Und das ist gut so. Die digitale Grobkörnigkeit unterstützt den Flair der dargestellten 50er Jahre.
Die Patricia Highsmith Verfilmung glänzt mit den beiden Hauptdarstellerinnen und einer meisterhaften Kameraführung.
Cate Blanchett und Rooney Mara channeln Audrey Hepburn und Marlene Dietrich und bewegen sich durch eine pulsierende Welt in der Mitte des vorigen Jahrhunderts. Ein wirklich außergewöhnlicher Film. Man begleitet erwachsene Menschen in einem erwachsenen Film. Keine Autoverfolgungsjagden, keine Klischees, keine erzwungene Dramatik. Erfrischend ehrlich und langsam. Wenn man die erste halbe Stunde hinter sich hat, fließt man mit dem Film und seinen Protagonistinnen mit. Wenig Dialog, wenig Handlung und trotzdem weiß man zu jedem Zeitpunkt, was die Figuren denken und fühlen. Und obwohl der Versuch einer lesbischen Beziehung zu dieser Zeit ein Nischenthema ist, repräsentiert der Film unser aller Umgang mit Liebe und Beziehungen. Ein konzentrierter Blick auf das Schicksal eines Paares, ohne Pathos und Oberflächlichkeit. Viele dieser gezeigten Bilder werden durch Reflektionen in Schaufenstern oder Windschutzscheiben gestört. Oder etwas bedrückt den Blick von außen. Türrahmen, Geländer und ähnliches drängen sich ins Bild und wir versuchen die Protagonistinnen klarer zu sehen, indem wir unsere Köpfe schief legen, oder die Augen zusammenkneifen. Das schärft den Blick und macht das Gezeigte interessanter. Und die dadurch erzeugte Spannung baut sich unnachgiebig über die Gesamtlänge des Films auf. So wie sich Tom Cruise in „Vanilla Sky“ als „Pleasure Delayer“ bezeichnet, so wird die Körperlosigkeit der Beziehung der Hauptfiguren fast unerträglich. Und alles wird subtil von Carter Burwells Musik umschmeichelt, die mir erst mit der wachsenden Liebe und den klarer werdenden Bildern der letzten Minuten bewusst wurde.

Wir dürften wohl einen der Oscar-Favoriten 2016 gesehen haben.

Die beiden Hauptrollen, der Schnitt, die Kamera, die Musik, bis hin zur Ausstattung ordnet sich alles der Story unter und bedient zur Abwechslung nicht 15jährige Kinobesucher.
Die meisten Gäste springen dennoch beim Beginn des Abspanns auf und verlassen fluchtartig die Halle. Wahrscheinlich auf dem Weg zum nächsten Screening, Galadinner, oder After Show Party.
Wir fünf bleiben aber noch mitgenommen sitzen. Einstimmig finden wir das Gesehene beeindruckend und mitreißend. Wir drücken einander gegenseitig die Tränen zurück in die Tränenkanäle und bewegen uns langsam, noch immer verhaftet in den 50er Jahren des Films, in Richtung Ausgang.

Da sehen wir einen Aufbau mit 141 Fotoapparaten darin. Wir bekommen die Gelegenheit ein 360° Foto im Stil von „The Matrix“ zu machen. Wir überlegen uns eine lustige Pose, stellen uns vor den im Inneren der Fotokabine positionierten Mazda und warten auf den Countdown. Ich lege gelangweilt die Kurzschwertatrappe auf die Schulter …3… mit fadem Blick schau ich ins Nichts …2… da hör’ ich Daniel, mein +1, Anlauf nehmen …1… er springt auf mich zu und… 141 Fotos werden gleichzeitig im Kreis um uns herum gemacht. Daniel stürzt fast bei der Landung. Er hat alles gegeben. Ohne sich aufzuwärmen. Für einen kurzen Moment war er mehr als nur der +1. Er war ein echter Filmheld. Mit Vorgeschichte. Und einem Ziel: Mir hinterrücks sein Schwert in den Hals zu rammen.
Von draußen hören wir Gelächter. Unser Foto/Video scheint fertig ausgearbeitet zu sein. Wir verlassen die Kabine und alle Anwesenden lächeln uns zu. Eine der Veranstalterinnen meint, dass unsere Pose die bisher Beste sei. Zu gewinnen gäbe es ein Wochenende in einem Mazda.

Ich hab’ in meinem Leben noch nie so oft eine Automarke vor Augen gehabt, wie in diesen zwei Tagen. Gibt es überhaupt noch andere Automarken? Vielleicht. Aber wen interessiert’s?
Wir hatten zwei vollgestopfte Tage voller Film und Serien, Diskussionen, unglaublichem Essen, genug Bier, Wein und Cocktails für ein ganzes Festival und Autos, die obwohl sie in einem Schauraum stehen, aussehen, als würden sie 50 km/h fahren.
Danke für die Gelegenheit eine unvergessliche Zeit in Rom erleben zu dürfen.
Und speziell die Erlebnisse abseits des Terminplans haben viel Spaß gemacht. Das lag vor allem an unserem Host Iris. Wir haben uns sehr gut aufgehoben gefühlt.
Und hab ich schon Mazda erwähnt…?

Epilog

Im Flieger schreibe ich nun die letzten Erlebnisse nieder.
Daniel, der Filmheld und ich stoßen mit dem letzten Bier unserer Reise an. Ich sehe aus dem Fenster. Er liest den Standard. Meine Gedanken schweifen ab und landen wieder bei einem Elefanten. Diesmal fliegt er neben uns her und hat ein Mazdazeichen auf seinen Rücken tätowiert.
„Hey, schau!“, sagt Daniel und reißt mich aus meinen Träumen.
Er zeigt mir einen Bericht über „Carol“. Es stellt sich heraus, dass die Viennale den Film, den wir bereits heute morgen auf einer riesigen Leinwand mit vielen anderen Journalisten aus der ganzen Welt bei der Weltpremiere in Rom gesehen haben, als Eröffnungsfilm ausgewählt hat.
Bitch, please.